Auf 1.300 m Höhe starte ich. An der Bergstation Unterstell.
Die Differenz der 750 Höhenmeter von Naturns zur Bergstation Unterstell bewältige ich allerdings mit der Seilbahn.
Somit komme ich innerhalb nur weniger Minuten zur Aussichtsplattform Unterstell - eine 16 m lange und 50 m hohe Stahlkonstruktion, welche einen fantastischen Ausblick ins Etschtal und ins Vinschgau gewährt.
50 Personen soll diese Stahlkonstruktion tragen können. Es ist noch ganz früh am Tag - ich bin ganz alleine hier und genieße einfach nur den Ausblick, die Ruhe.
Der Wind allerdings ist enorm - dennoch angenehm. Denn angekündigt ist ein heißer Hochsommertag.
Von hier aus starte ich meine Tour zur 1000-Stufen-Schlucht, eine Etappe des Meraner Höhenweges.
An den Südhängen der Texelgruppe der Ötztaler Alpen führt mich mein Weg weiter nach Osten, immer an den Hängen entlang durch eine so schöne Landschaft, die mich immer wieder dazu verführt, innezuhalten und den Blick schweifen zu lassen.
Vorbei an Almwiesen - in der Stille höre ich ab und an nur das Geräusch der Wassersprinkleranlagen, welche die Hänge bewässern.
Der Vinschgau ist das niederschlagsärmste Tal der gesamten Alpen. Daher müssen die Bauern ihre Felder und Wiesen hier künstlich bewässern.
Bereits vor Jahrhunderten wurden schmale Wasserkanäle, die sogenannten Waale, für die Bewässerung gegraben und sogar in die Felsen gehauen, über die das Wasser jeweils zugeführt wurde. Damit man diese Waale warten und kontrollieren konnte, wurden kleine Wege - Waalwege - angelegt. Heute kann ich auf einem dieser Waalwege, die ohne große Steigung verlaufen, meine Wanderung unternehmen.
Bevor ich den interessanten und sehr schönen Abschnitt dieser Tour heute - die 1000-Stufenschlucht - erwandern werde, gönne ich mir im Pirchhof, welcher direkt an der Strecke liegt, eine kurze Rast und eine Stärkung.
Ich bin heute alleine unterwegs, die Kollegin in der Tourist-Information in Naturns wies mich darauf hin, dass es keine ganz leichte Wanderung wird. Dazu kommt, dass meine Gastgeber in Naturns nicht wissen, welche Tour ich heute starte - sollte mir also irgendwie etwas zustoßen, versuche ich dafür zu sorgen, dass sich vielleicht irgend jemand an mich erinnert: Jeden, den ich treffe, frage ich etwas: nach dem Namen der Gipfel, die sich vor uns auftun. Oder nach dem Weg und seinem Verlauf. Oder welches Ziel der Andere hat......
Ich greife vor: ich habe die 1000-Stufenschlucht sehr gut geschafft, man musste keinen Suchtrupp nach mir aussenden .....
Aber sicher ist sicher!
Irgendwo habe ich gelesen, dass es keine 1000 Stufen sind, sondern nur 989 - ich habe sie nicht gezählt. Im folgenden Streckenabschnitt jedenfalls steige ich über einige Stufen aus Holz, Metall oder Stein. Auf und ab. Ein bisschen Kondition braucht man schon.
Ich quere das Tal des Schindelbachs. Begleitet von Wacholderbüschen und weiteren Beerensträuchern. Schließlich erreiche ich den Gasthof Giggelberg.
Mit einem Blick in den Meraner Talkessel ist die Tour "1000-Stufenschlucht" nach etwa vier Stunden geschafft. Die Gedanken im Hinblick auf Schwierigkeitsgrad und Kondition, welche mir im Vorfeld durch die Informationen im Netz und durch die Tourist-Information vermittelt wurden, hätte ich mir nicht machen müssen.
Aber ich weiß wohl, dass es durchaus Gäste gibt, die eben diese Hinweise nicht für sich entsprechend hinterfragen und bewerten. Und somit eventuell leichtfertig diese Wandertour angehen.
Ich nehme die Texelbahn wieder hinunter ins Tal nach Partschins.
Happy, diese wunderschöne Tour in einer superschönen Landschaft mit den Begegnungen und Gesprächen der Wanderer, die ich entlang der Strecke traf - ok- und die ich aufgrund des eigenen Sicherheitsbedürfnisses permanent angesprochen habe 😉 - geschafft zu haben.
Zurück nach Naturns zu meiner temporären Homebase und zu meinen Gastgebern geht's mit dem Bus.
Zufrieden. Dankbar. Glücklich.
Schätzen. Beobachten. Bewahren.
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