
Zwei Räder tragen mehr als nur Gewicht. Sie tragen Träume.
Lindau - Oberstaufen
Am Sonntag starten wir in Lindau am Bodensee zu unserem Radcamp, begleitet von acht weiteren Rennradbegeisterten, einer weiteren Rennradlerin, unserem Guide Marco und Supporter Marcel.
Das erste Etappenziel des Abenteuers: 58 Kilometer bei etwa 835 Höhenmetern, von Lindau über Sigmarszell, Hergatz nach Oberstaufen. Das Wetter zeigt sich von seiner durchweg guten Seite, perfekt für die ersten Kilometer auf zwei Rädern.
Gegen Ende des ersten Drittels steigen die Höhenmeter und die Anstiege merklich an – die Prozente werden fordernder, aber genau das macht den Reiz aus. Auch spannend sind die letzten Meter zum Hotel, das schon durch den Namen "Panoramahotel" Bände spricht: Zeit, nochmal fest in die Pedale zu treten und aus dem Sattel zu gehen.
Nach der Ankunft gibt es erst einmal ein Schmutzbierchen zur Belohnung – genau das richtige Motivations-Upgrade nach einem intensiven Tag. Beim Abendessen nutzen wir die Gelegenheit, die Mitradlerin und Mitradler kennenzulernen, die Gespräche fliessen, und wir bekommen einen ersten Eindruck davon, was die nächsten Tage bringen werden. Das Abendessen ist lecker und die Vorfreude auf die kommenden Etappen steigt.
Fazit Tag 1: Ein gelungener Auftakt mit tollen Begegnungen, toller Strecke und dem Vorsatz, früh ins Bett zu gehen, um am nächsten Tag wieder frisch in die Pedale treten zu können.


Oberstaufen - Füssen
Wir starten nach dem Frühstück um 09:30 Uhr in Oberstaufen. Unsere Route führt uns am Großen Alpsee entlang, durch Immenstadt und Sonthofen nach Bad Hindelang. Ab hier geht es den Jochpass hinauf – die höchstgelegene und kurvenreiche Bundesstraße, die Bad Hindelang und Oberjoch verbindet. Sie hat 105 Kurven, ist 6,4 km lang und hat einen Anstieg von 400 hm.
Direkt hinter Oberjoch biegen wir rechts ab in Richtung Tannheimer Tal.
An der Jochpasshöhe auf 1.176 m ü. M. wartet Marcel bereits auf uns und versorgt uns wieder bestens, damit wir uns für die restlichen Kilometer stärken können.
Ab hier kommt bei mir ein Gefühl von "Heimkehr" auf: Ich kenne dieses Tannheimer-Hochtal und die Radwege, die hier entlangführen, gut – ich bin oft im Tannheimer Tal zum Rennradfahren und Wandern - es ist mir vertraut und wie eine zweite Heimat.
Wir bewegen uns auf den Radwegen durch das Tal, vorbei an Schattwald, Tannheim, passieren Grän und fahren das Engetal hinunter in Richtung Lechtal. Von dort aus ist es nicht mehr weit bis Füssen. Wir treten noch einmal ordentlich in die Pedale, denn Wolken ziehen auf und wir wollen trocken am Ziel ankommen. Und es klappt: Wir checken ein, haben noch Zeit, Füssen ein wenig kennenzulernen, bevor wir zum Abendessen kommen und früh ins Bett fallen.
Heute summieren sich die Kilometer auf 89 km mit 909 hm. Eine anspruchsvolle, aber schöne Etappe – mit vielen bekannten Eindrücken und einem Gefühl von Zuhause zwischen den Radwegen und Tälern für mich.

Füssen - Garmisch-Partenkirchen
Baustellenbedingt finden wir heute aus Füssen raus dann doch den richtigen Radweg und nach einigen Extra-Höhenmetern mit 18% zu Beginn sind wir wieder auf Spur.
Grundsätzlich passen wir heute unsere eigentlich geplante Route über das Kloster Ettal an eine Straßensperrung an. Wir fahren vorbei an Schloss Neuschwanstein, dem Forggensee und weiter nach Murnau am Staffelsee.
Gegen Mittag treffen wir bei einer tollen Kaffeerösterei in Murnau ein, die rechtzeitig vor dem einsetzenden, stärker werdenden Regen öffnet. Wir stärken uns mit leckerem Kuchen und gutem Kaffee, bevor es weitergeht. Den Spaß an der restlichen Strecke bis Garmisch-Partenkirchen lassen wir uns trotz zunehmendem Regen nicht nehmen. Die Gruppe teilt sich in Kleingruppen auf, denn wir fahren zeitweise entlang der Bundesstraße, bevor wir bei Eschenlohe wieder auf Nebenstraßen und Radwege wechseln.
Der Regen hört nicht auf bis wir in Garmisch-Partenkirchen nach 89 km und 813 hm am Hotel ankommen: stylisch gekleidet in Regenkleidung und mit Gummi-Haushaltshandschuhen über den Rennradhandschuhen, freuen uns auf eine heiße Dusche und das leckere Abendessen.
In die Bar schaffen es heute nur wenige, doch die, die dort den Abend ausklingen lassen, haben einen superguten Grund: Wir feiern den Geburtstag eines Mitradlers.
Neben den Kilo- und Höhenmetern heute steht der Regen im Fokus, sowie das gemeinsame Durchhalten.

Garmisch-Partenkirchen - Grosshartpenning
Regentag! Kalt, nass und 86 km (mit 694 hm) im Regen.
Wir starten in Garmisch-Partenkirchen und haben aufgrund des Wetters kaum einen Blick für die Sprungschanze übrig. Wir kurbeln den Radweg hoch nach Gerold und setzen unseren Weg Richtung Walchensee fort.
Vor dem Walchensee-Streckenteil stärken wir uns kurz bei Marcel am Begleitfahrzeug (Klamottenwechsel, Energie). An einen Fotostopp am Walchensee denken wir absolut nicht aufgrund des starken Regens, wir nehmen nur das Nötigste wahr.
In Lenggries gönnen wir uns dann eine Aufwärmpause im Café, unsere Klamotten sind durch und durch nass, unter unseren Stühlen steht das Wasser - aber wir genießen Süßes, Kaffee und Tee. Vielen Dank für's Verständnis des Café-Servicepersonals.
Doch wir müssen wieder zurück in den Regen, denn noch liegen einige Kilometer bis zum heutigen Etappenziel in Grosshartpenning bei Holzkirchen vor uns.
Auch der eigentlich geplante Stopp in Bad Tölz direkt an der Isar gegenüber dem Museum des "Bullen von Tölz" fällt dem Regen zum Opfer.
Durch das hügelige Oberbayern geht es daher weiter bis zum Hotel - zum Trocknen, Duschen, gut Essen und Schlafen.
Denn am nächsten Tag wartet die Königsetappe.

Grosshartpenning - Oberaudorf
Die Königsetappe.
Ich starte gut in den Tag, das Wetter scheint besser zu werden. Nach ein paar Kilometern regnet es doch nochmal kurz, aber ich bleibe optimistisch. Bereits auf den ersten Kilometern merke ich jedoch, dass Kreislauf und Magen heute nicht 100% passen. Beim ersten Reparatur-Stopp (im Regen) – eine Bremse eines Mitradlers benötigt einen guten, kritischen und fachmännischen Blick – kommt auch Marcel mit dem Begleitfahrzeug hinzu.
Meine Gedanken rasen: Ich will doch auch die Königsetappe schaffen - schließlich habe ich die letzten Wochen hieraufhin Höhenmeter gemacht und Anstiege bezwungen. Aber wenn ich heute nicht so richtig gut drauf bin, könnte ich die Gruppe noch mehr bremsen. Und nicht an alle Punkte entlang der bevorstehenden Strecke kann Marcel im Fall der Fälle hinkommen oder mich aufgabeln. Was soll ich tun?
Absolut schweren Herzens entscheide ich mich jetzt nach den ersten paar Kilometern, erst mal auf meinen Körper zu hören: Ich steige ins Begleitfahrzeug und fahre die drei Berganstiege nicht mit. Ich bin mächtig traurig.
Im Begleitfahrzeug werde ich gut verpflegt mit heißem Tee und Weißbrot.
Am Spitzingsee warte ich mit Marcel auf die Gruppe, die hier schon zwei der drei Anstiege geschafft hat. Weiter geht es zum Sudelfeldpass.
Ab dem Sudelfeldpass steige ich wieder aufs Rad und hinab geht es nach Oberaudorf, so dass ich doch wenigstens mit der Gruppe rennradfahrend ins Hotel mit vorfahren kann.
Unser vorletzter Abend, morgen erreichen wir den Chiemsee.
Wenigstens diese letzte Etappe möchte ich wieder komplett auf dem Rad sitzen.
So komme ich heute nur bei diesen zwei von mir geradelten Strecken auf in Summe 32 Kilometer bei 200 hm.

Oberaudorf - Chiemsee - Marquartstein
Ruhiger Start - volle Vorfreude.
Ich habe so gut, fest und lange geschlafen, als wäre ich die Königsetappe gestern vollständig mitgefahren.
Wieder mit einem guten Frühstück gestärkt starten wir bei Sonne auf unsere letzte Rennrad-Etappe. Wir überqueren den Inn und kurbeln nach wenigen Kilometern bei Sebi die Wildpichler Straße hinauf.
Oben angekommen, geht es schließlich schnell und zügig weiter vorbei am imposanten Schloss Hohenaschau nach Aschau im Chiemgau, wo uns Marcel nochmal zum Stopp erwartet und wir uns für die Strecke bis zum Chiemsee stärken können, denn es kommen noch ein paar kleine, nette Rampen mit bis zu 12% Steigung, bevor wir den Chiemsee erreichen.
Und - wie soll es anders sein: es ziehen wieder dicke, dunkle Wolken auf, sieht gar nicht gut aus – gell, Jungs?!
Schließlich haben wir unseren ersten Blick auf den Chiemsee, den größten See in Bayern. Hier im Chiemseepark Bernau-Felden erwartet uns wieder Marcel, der ein superleckeres Picknick für uns aufgebaut hat. Leider wird der Wind immer stärker, wir beobachten den Weg der dicken dunklen Wolken, sodass das Picknick etwas kürzer ausfällt als geplant. Schnell helfen wir Marcel, wieder alles in das Begleitfahrzeug zu packen und begeben uns selbst nochmal auf die Rennräder auf dem Weg zur letzten Unterkunft in Marquartsein, begleitet von ein paar kleinen Regentropfen.
Nach heute 51 km (533 hm) sind wir recht früh im Hotel, erst mal gilt es, das Schmutzbier zu trinken, glücklich zu sein, dass wir unfall- und sturzfrei im Chiemgau angekommen sind und da es bis zum Abendessen noch etwas dauert, die Umgebung zu erkunden. Ich mache einen schönen Spaziergang zum Reifinger See in der Nähe, bevor wir unseren letzten gemeinsamen Abend bei leckerem Aperol Spritz (dankeschön 😉) und schönen Anekdoten der letzten Tage verbringen.
Vor allem gilt es Marco und Marcel DANKE zu sagen! Ihr habt uns großartig begleitet und geguided - es hat Spaß gemacht mit Euch Beiden - und mit der ganzen Gruppe!
Dankbar. Gehaichnis.


Lindau
Rückreise und Abschied!
Es ist Samstag, Zeit zum Packen, Räder aufladen und zurück nach Lindau.
Ein zweites Begleitfahrzeug kommt dazu, so dass alle Rennradfahrenden mit ihren Rädern wieder zum Ausganspunkt am Bodensee transportiert werden können. Ich fahre mit Marco und zwei Mitradlern zurück nach Lindau. Bereits am späteren Vormittag sind wir wieder dort, wo vor sieben Tagen alles begann: der Ort, an dem sich alle erstmals gesehen, kennengelernt und ausgetauscht haben.
Während Marcel unterwegs nach Montenegro das nächste Rennradabenteuer begleitet, begeben sich die meisten von uns direkt auf die Heimreise. Manche reisen gerade um die Ecke in die Schweiz weiter, andere ziehen in Richtung Norden.
Ich bleibe noch und streife ein wenig durch Lindau. Vom Bodensee-Radmarathon an diesem Tag bekomme ich kaum etwas mit, weiß aber, dass Bekannte auf der Strecke sind: Good luck!
Mein Stadt-Rundgang startet wieder im Lindauer Hafen – vor mir das Wahrzeichen der Stadt: der Löwe und der Leuchtturm. Auch der Mangturm aus dem 12. Jahrhundert fällt imposant ins Auge, einst als Leuchtturm genutzt.
Schlendert man am Ufer des Bodensees entlang, stößt man auch zum Diebsturm. Er wurde lange als Wachturm genutzt und war zeitweise auch Gefängnis. Er steht in der Nähe des "Ring of Peace", welcher anlässlich der 10. Weltversammlung von Religions for Peace 2019 als Symbol des Friedens hier in Lindau errichtet wurde und auch gerade heute an Aktualität besonders gewinnt und so wichtig ist.
Auch bummle ich durch die Maximilianstraße. Mir fällt neben den vielen historischen Häusern natürlich das Alte Rathaus mit seiner reich bemalten Fassade ins Auge.
Besonders schön ist der Kunsthandwerkermarkt heute am Ufer des Sees – das Bummeln über diesen Markt vor dieser wunderschönen Kulisse ist ein schöner entschleunigter Abschluss meiner Rennradwoche. Gehaichnis.
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